Alle Firmen schätzen Erfahrung
Waischenfeld/Pegnitz/Vorbach/Creussen: Sie werden gebraucht und werden auch geschätzt: Die älteren Beschäftigten gehören einfach in die Arbeitswelt der regionalen Unternehmen. Nach einer Umfrage des KURIERS bei mittelständischen Betrieben stehen die Mitte- 50-Jährigen keinesfalls auf dem Abstellgleis. Ob allerdings die Rente mit 67 Jahren praktikabel ist, beantworten die Unternehmen ganz unterschiedlich.
Bei Geroh in Waischenfeld ist es schon heute möglich, bis zum 67. Lebensjahr zu arbeiten, sagt Roswita Poser, kaufmännische Leiterin des Unternehmens, das Gitter- und Rohrmasten produziert. Der Beschäftigte müsse allerdings den körperlichen Anforderungen gewachsen sein. Und da wären die Monteure im Außendienst schon die erste Ausnahme. Wer mit über 60 Jahren noch auf einen hohen Gittermast klettert, sei schon ein Sonderfall. Wie Roswita Poser sagt, stehe das Unternehmen auch älteren Bewerbern offen, weil man ihre Lebenserfahrung und praktischen Kenntnisse schätze. Die alteingesessenen Mitarbeiter blieben Geroh bis zur Rente treu.
Eine andere Situation zeigt sich beim Autozulieferer Novem in Vorbach. „Wir arbeiten in mehreren Schichten, die Mitarbeiter stehen meistens und werden nach Leistung entlohnt“, schildert Personalleiter Johann Ziegler die Produktion. Rund fünf Prozent der Belegschaft des Industriebetriebs sind Mitte 50. Novem nutze die Möglichkeit der Altersteilzeit mit dem 57. Lebensjahr und so verlasse etwa ein Drittel der Altersgruppe den Betrieb. „Es ist sicher schwierig, bei uns bis zum 67. Lebensjahr zu arbeiten, sagt Ziegler. Schon ab 60 wäre es nicht mehr einfach, Schritt zu halten. Bei der Einstellungspraxis gebe es keine Einschränkungen wegen des Alters eines Bewerbers. Bei Novem schätze man Berufserfahrung.
Zum Thema Beschäftigung für ältere Arbeitnehmer äußerte sich die Firma PASS Stanztechnik in Creußen. Vorstand Michael Bauer: „Wir sind grundsätzlich offen für alle“. Und dazu gehören auch die Mitte-50-Jährigen, weil sie so viel Erfahrung mitbrächten, so Bauer. Und zur Rente mit 67: „Wir werden auch noch die 70 und 72 sehen“, so seine Ansicht zum Thema Rente.
Ob sich das mit den Leistungsanforderungen der Arbeitwelt vereinbaren lasse, wollte der KURIER wissen. Dazu hat Bauer eine Interessante Beobachtung gemacht: „Ältere Beschäftigte arbeiten zwar manchmal langsamer, dafür aber viel genauer und machen auch weniger Fehler. In der Gesamtschau gleichen sich die Stärken und Schwächen aus, sodass es keine Gründe gebe, ältere Bewerber abzulehnen. Dazu komme auch eine menschliche Seite: „Ältere Mitarbeiter sind extrem dankbar“, während gerade die Jüngeren eher schimpfen, wenn ihnen etwas nicht gefällt, so Bauer. Rente erst mit 67 scheint aus betrieblicher Sicht möglich.
Dass die Rente mit 67 wohl Wunschdenken ist, glaubt Walter Kurz vom gleichnamigen Pegnitzer Kurbad. Die körperliche Belastung bei Masseuren und Therapeuten sei sehr hoch und entspreche der eines Bauarbeiters. „Kräftezehrende Massagen und schweres Heben macht zu schaffen“, sagt Walter Kurz. Nach seiner Erfahrung ist es ausgeschlossen, bis zum 67. Lebensjahr im Beruf zu arbeiten. Masseure und Therapeuten könnten sich zwar gegenseitig behandeln, was aber den körperlichen Verschleiß nicht aufhalten könne. Ein wichtiges Argument gegen die Arbeit im Alter: Der kranke Patient, der vom Therapeuten oder Pfleger getragen wird, muss sich darauf verlassen können, dass der Pfleger nicht selbst zusammenbricht.
Gewiss könne man auf die Erfahrung der 50-Jährigen bauen, eingestellt werden sollten aber die jungen Therapeuten, die eine Chance für den Einstieg suchen, so Kurz.
Beim Autoteilezulieferer Klubert und Schmidt in Pottenstein ist die aufbrandende Rentendiskussion zurzeit noch kein Thema. Wie Mitinhaber Rainer Klubert gestern sagte, gingen die Beschäftigten mit 63 oder 65 Jahren in Rente. Früher habe sich bisher noch niemand verabschiedet. Die Frage der Rente mit 67 werde bisher nicht diskutiert. Ob eine längere Lebensarbeitszeit bei Klubert und Schmidt praktikabel wäre? „Praktikabel schon, wenn die Leistung stimmt“, so Rainer Klubert, der aber einräumt: „Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Rente mit 63 oder 65, das sei der Normalfall in Pottenstein.
Bundesarbeitsminister Franz Müntefering schlug vergangene Woche vor, die Beschäftigung für Mitte-50-Jährige mit Zuschüssen zu fördern. Die Rente mit 67 hat die Regierung bereits beschlossen.
Auszug aus dem Nordbayerischen Kurier vom 11.03.2006
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